Für die Stärkung der Perspektiven von Frauen gekämpft

Berichte über Tod von kurdischer Frauenrechtlerin

Hochschule Emden/Leer

Zutiefst betroffen hat sich Prof. Dr. Mechthild Exo vom Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Hochschule Emden/Leer zu einer Meldung aus dem Irak zu Wort gemeldet: Laut Berichten der kurdischen Nachrichtenagentur ANF ist die Jineolojî- Wissenschaftlerin und leitende Redakteurin des Jineolojî Journal, Nagihan Akarsel, am Dienstag in Suleymaniyah vor ihrer Haustür erschossen worden. Sie soll sich auf dem Weg zu einer Frauenbibliothek befunden haben.

Laut Exo hat Akarsel die Bibliothek in den vergangenen Monaten mit Archiv und Forschungszentrum gemeinsam mit anderen kurdischen Frauen aufgebaut. „Diese neue Institution soll eine Stärkung der Perspektiven von Frauen auf Geschichte, gegenwärtige Konflikte und Unterdrückungspraktiken – nicht zuletzt durch patriarchale Gewalt und Femizide – und für eine freie zukünftige Gesellschaft ermöglichen“, so Exo, die sich in den vergangenen Jahren intensiv mit der Situation der kurdischen Frauen befasst hat.

Die Professorin selbst hat Nagihan Akarsel während der Anbahnung der Hochschulpartnerschaft der Hochschule Emden/Leer mit dem Jineolojî-Fachbereich der Rojava Universität im Selbstverwaltungsgebiet Nord und Ost Syrien kennengelernt. Der Begriff Jineologie beschreibt die Bereitstellung von Wissenschaft für Frauen und ist Bestandteil der politischen Grundsätze in der Demokratischen Föderation Nordsyrien. Als der Reiseweg an den Hochschulort in Qamislo (Syrien) im Sommer 2018 blockiert war, traf Akarsel die kleine akademische Delegation aus Deutschland im Hotel in Erbil im Irak und vermittelte den Austausch.

„Der Vertrag kam zustande, und die akademische Kooperation mittels gemeinsamer Onlineseminare und Gastvorträge internationalisiert und belebt die Lehre für die Studierenden der Sozialen Arbeit seither“, so Mechthild Exo. Der gezielte Mord an Nagihan Akarsel sei ein Angriff auf sie als Frau, die Forschung, Wissen und Organisierung für eine tiefgreifende Veränderung der patriarchalen Geschlechterverhältnisse ins Zentrum ihres Lebens gestellt habe. „Es ist ein Femizid, der auch im Zusammenhang mit den Aufständen im Iran nach dem Tod der kurdischen jungen Frau Jina Mahsa Amini aufgrund ihrer Behandlung durch die Sittenpolizei steht“, erklärt die Professorin weiter. Der Ruf „Jin-Jiyan-Azadi“ (Frau-Leben-Freiheit), der zum Symbol der weltweit unterstützen Proteste gegen diese Form der Frauenfeindlichkeit geworden sei und bis in europäische Parlamente hinein aufgegriffen und ausgerufen werde, habe seinen Ursprung in der Kurdischen Frauenbewegung und konkret bei Nagihan Akarsel und den Frauen, mit denen sie verbunden war.

Mit der Jineolojî Wissenschaftlerin Akarsel soll laut Exos Einschätzung auch die Stärke der maßgeblich von Frauen getragenen Aufstände im Iran getroffen werden. „Angesichts solcher frauenfeindlichen Angriffe wie gegen Jina Amini im Iran und Nagihan Akarsel in Suleymaniyah, mit denen Frauenbewegungen und Frauenforschung unterbunden werden sollen, ist es umso wichtiger uns mit diesen zu solidarisieren und unsere Partnerschaften zu intensivieren“, äußerte sich Mechthild Exo dazu.

Nagihan Akarsel ist im kurdischen Teil der Türkei aufgewachsen und hat Journalismus und Geschlechterwissenschaft studiert. Für ihre kritische Berichterstattung und ihr Engagement mit der Kurdischen Frauenbewegung war sie viele Jahre in türkischen Gefängnissen inhaftiert. Sie gehört zu den ersten, die die Jineolojî als neue Wissenschaft entwickelt und Institutionen aufgebaut haben. Unter anderem hat sie laut Medienberichten die türkischsprachige Fachzeitschrift Jineolojî Journal gegründet und war bis zuletzt leitendes Redaktionsmitglied. In der Selbstverwaltungsregion in Nord und Ostsyrien hat sie mit der Jineolojî Akademie Bildungsarbeit geleitet, neue Forschungszentren etabliert und gesellschaftswissenschaftliche Forschung durchgeführt.

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